Ratgeber Gläubigerrechte
In diesem Ratgeber erläutere ich Ihnen Ihre Gläubigerrechte im Insolvenzverfahren: Erfahren Sie alles über den Rang einer Forderung, wie Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet werden, welche Sicherheiten im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können und Ihre Ansprüche bestmöglich befriedigt werden.


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Gläubigerrechte im Insolvenzverfahren
Die Geltendmachung von Ansprüchen im Insolvenzverfahren ist schwierig. Zahlreiche Fachbegriffe, wie Absonderungsrechte, Aussonderungsrechte, abgesonderte Befriedigung oder Masseforderungen erschweren dem juristischen Laien die effektive Beteiligung am Insolvenzverfahren genauso wie komplizierte Verfahrensregeln. Selbst Forderungsanmeldungen inklusive Zinsen und Kosten können komplex werden. Daher soll dieser Artikel Ihnen eine erste Übersicht über die Realisierung von Forderungen im Insolvenzverfahren und die verschiedenen Möglichkeiten einer professionellen Gläubigervertretung geben.
Inhaltsverzeichnis zur Gläubigervertretung & Realisierung von Sicherheiten
1. Wie gehe ich vor, wenn mein Vertragspartner insolvent ist?
1.1. Vertragsverhältnis und Insolvenzverfahren: Worauf es jetzt ankommt
1.2. Weitere Zusammenarbeit mit dem Schuldner – Chancen und Risiken
1.3. Erbrachte Leistungen abrechnen – So machen Sie Ihre Forderung geltend
2. Forderungen im Insolvenzverfahren richtig geltend machen und anmelden
2.1. Arten von Forderungen – Wer bekommt was?
2.2. Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten
2.3. Anmeldung einfacher Insolvenzforderungen
2.4. Anmeldung nachrangiger Forderungen
3. Sicherheiten im Insolvenzverfahren – Ihre Chancen als Gläubiger
3.1. Zweck und Bedeutung von Sicherheiten im Insolvenzverfahren
3.2. Diese Sicherheiten spielen in der Praxis die größte Rolle
3.3. Typische Sicherheiten und deren Geltendmachung:
Eigentumsvorbehalt, Vermieterpfandrecht & Co.
3.4. Teilnahme am Lieferantenpool - Vor- und Nachteile
4. Fazit

1. Wie gehen Sie vor, wenn Ihr Vertragspartner insolvent ist?
1.1. Vertragsverhältnis und Insolvenzverfahren: Worauf es jetzt ankommt
Ihr Vertragspartner ist insolvent – was nun?
Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden können, ist es im Rahmen der Gläubigervertretung entscheidend zu klären, welche Art von Vertragsverhältnis zwischen Ihnen und dem insolventen Unternehmen besteht: Handelt es sich um einen Kaufvertrag, Werkvertrag, Mietvertrag oder Dienstleistungsvertrag?
Gleichzeitig ist zu prüfen, in welchem Stadium sich das Insolvenzverfahren befindet:
- Wurde lediglich ein Insolvenzantrag gestellt?
- Befindet sich das Verfahren in der vorläufigen Insolvenzverwaltung?
- Oder wurde das Verfahren bereits eröffnet?
Diese Informationen sind für die Einschätzung Ihrer Rechte und Handlungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren von zentraler Bedeutung für die Gläubigervertretung. Denn der Zeitpunkt der Entstehung der Forderung entscheidet über ihren Rang und die korrekte Form der Geltendmachung. Die häufigsten Varianten in der Praxis werden unter Punkt 2. „Forderungen im Insolvenzverfahren richtig geltend machen und anmelden“ ausführlich dargestellt.
1.2. Weitere Zusammenarbeit mit dem Schuldner – Chancen und Risiken prüfen
Kann ich mit dem insolventen Unternehmen weiterarbeiten?
Ob und wie eine weitere Zusammenarbeit mit einem insolventen Vertragspartner sinnvoll oder überhaupt rechtlich möglich ist, hängt vom Verfahren und der Art der erbrachten oder vereinbarten Leistungen ab.
Wichtige Fragen im Rahmen der Gläubigervertretung dabei:
- Ist der Insolvenzverwalter zur Vertragserfüllung bereit?
- Kann der Vertrag fortgesetzt werden oder wurde er vom Verwalter bereits abgelehnt?
- Gibt es eine Möglichkeit zur Absicherung neuer Leistungen?
Je nach Situation kann eine Fortführung wirtschaftlich sinnvoll sein – aber nur mit rechtlicher Absicherung, um keine neuen Risiken einzugehen. Daher ist eine professionelle Begleitung durch eine Gläubigervertretung unerlässlich.
1.3. Erbrachte Leistungen abrechnen– so machen Sie Ihre Forderung geltend
Viele Gläubiger stehen vor der Frage, wie sie bereits gelieferte Waren oder erbrachte Leistungen im Insolvenzverfahren geltend machen können. Hierbei ist entscheidend, ob Sie
- einen einfachen Zahlungsanspruch haben,
- Sicherheiten vereinbart wurden (z. B. Eigentumsvorbehalt),
- oder ob Sie vom Insolvenzverwalter zur Leistung gezwungen wurden.
Je nach Fall kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:
- Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle,
- Geltendmachung eines Aussonderungsrechts oder Absonderungsrechts,
- Geltendmachung von sog. Masseverbindlichkeiten.
Im Rahmen der Gläubigervertretung werden diese entscheidenden Fragen geklärt und Ihre Rechte effektiv geltend gemacht.
Hier geht es zurück zum Inhaltsverzeichnis der Gläubigervertretung.
2. Forderungen im Insolvenzverfahren richtig geltend machen und anmelden
2.1. Arten von Forderungen – wer bekommt was?
Im Insolvenzverfahren bleiben viele Ansprüche unerfüllt, sei es weil der Insolvenzverwalter die Vertragserfüllung ablehnt oder nicht erfüllen darf. Diese Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen gehen jedoch nicht unter. Sie müssen vielmehr in dem dafür vorgesehenen rechtlichen Rahmen im Insolvenzverfahren durch die Gläubigervertretung geltend gemacht werden. Je nach Rang können die Befriedigungsaussichten sehr unterschiedlich sein. Deshalb sind die Ansprüche rechtlich zu qualifizieren. Ganz grundsätzlich lassen sich folgende Gruppen von Ansprüchen im Insolvenzverfahren unterscheiden:
- Aussonderungsansprüche berechtigen den Eigentümer, nicht zur Insolvenzmasse gehörende Gegenstände vom Verwalter zurückzufordern.
- Absonderungsansprüche ermöglichen Gläubigern eine bevorzugte Befriedigung aus bestimmten Sicherungsgegenständen.
- Masseverbindlichkeiten sind Forderungen gegen die Insolvenzmasse, die nach Insolvenzeröffnung entstehen und direkt, also nicht nur quotal, aus der Insolvenzmasse befriedigt werden (Ausnahme: Masseunzulänglichkeit),
- Insolvenzforderungen sind alle vor Insolvenzeröffnung begründeten Ansprüche, die im Verfahren quotenmäßig bedient werden und daher zur Insolvenztabelle anzumelden sind.
- Nachrangige Forderungen werden erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger berücksichtigt und umfassen z.B. Zinsen oder Strafgelder.
2.2. Wie werden diese Ansprüche geltend gemacht
Je nach Art der Forderung oder des Rechts ist das Vorgehen im Insolvenzverfahren unterschiedlich:
2.2.1. Masseverbindlichkeiten
Masseverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, etwa durch Handlungen des Insolvenzverwalters (z. B. Abschluss neuer Verträge, Nutzung von Mietflächen). Beispiele sind Mieten, die während der Verfahrensdauer anfallen, oder Forderungen für Warenlieferungen auf Veranlassung des Insolvenzverwalters.
Geltendmachung:
- Masseverbindlichkeiten werden nicht zur Insolvenztabelle angemeldet.
- Der Anspruch wird direkt gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht.
- Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, Masseverbindlichkeiten vorrangig aus der vorhandenen Insolvenzmasse zu bedienen.
Massegläubiger genießen hohe Priorität im Insolvenzverfahren, werden aber nur aus der tatsächlichen Masse bedient, falls diese ausreicht. Wenn die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um sämtliche Masseverbindlichkeiten zu bedienen und der Insolvenzverwalter deshalb die sog. Masseunzulänglichkeit anzeigt, beschränkt sich die Auszahlung auf eine Quote.
2.2.2. Einfache Insolvenzforderungen
Einfache Insolvenzforderungen sind Ansprüche, die bereits vor der Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, etwa offene Rechnungen, Darlehensforderungen oder Werklohnforderungen.
Geltendmachung:
- Die Forderung muss schriftlich beim Insolvenzverwalter angemeldet werden.
- Die Anmeldung muss die Höhe der Forderung, den Rechtsgrund (z. B. Kaufvertrag, Werkvertrag) und den Zeitpunkt der Entstehung enthalten.
- Belege wie Rechnungen, Verträge oder Mahnschreiben sind der Anmeldung beizufügen.
- Die Forderung wird in die Insolvenztabelle aufgenommen.
- Im Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht wird über die Feststellung oder das Bestreiten der Forderung entschieden.
- Nur festgestellte Forderungen berechtigen zur Teilnahme an der Verteilung der Insolvenzmasse im Rahmen der Quote.
Praxistipp: Um keine Gebühr für eine nachträgliche Forderungsanmeldung bezahlen zu müssen, sollte die Anmeldung innerhalb der Anmeldefrist erfolgen. Aber auch danach ist eine Anmeldung noch möglich, kostet aber eine Gebühr.
2.2.3. Nachrangige Forderungen
Nachrangige Forderungen werden im Insolvenzverfahren nur nachrangig berücksichtigt und erst bedient, wenn alle anderen Gläubiger vollständig befriedigt sind. Beispiele hierfür sind:
- Zinsen, die nach Verfahrenseröffnung entstehen,
- Geldstrafen, Bußgelder oder Ordnungsgelder,
- Forderungen auf unentgeltliche Leistungen (z. B. Schenkungen).
Geltendmachung:
Nachrangige Forderungen können nur dann zur Insolvenztabelle angemeldet werden, wenn das Insolvenzgericht dazu ausdrücklich aufgefordert hat, was selten vorkommt. Die tatsächliche Befriedigung ist in der Praxis oft unwahrscheinlich, da die Insolvenzmasse in der Regel nicht ausreicht.
Im Ergebnis sind die Ansprüche also rechtlich zu qualifizieren und sodann im Rahmen der Gläubigervertretung gegenüber dem Insolvenzverwalter mit Nachdruck geltend zu machen.
Hier geht es zurück zum Inhaltsverzeichnis der Gläubigervertretung.
Der Insolvenzverwalter nutzt weiterhin die gemieteten Geschäftsräume des Schuldners. Die daraus entstehenden Mietforderungen nach Verfahrenseröffnung gelten als Masseverbindlichkeiten. Der Vermieter kann die Zahlung direkt vom Insolvenzverwalter verlangen – und wird vorrangig aus der Insolvenzmasse befriedigt, wenn genügend Mittel vorhanden sind.
Praxisbeispiel Masseverbindlichkeit
Ein Handwerksbetrieb hat dem Schuldner bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Werkleistung erbracht, etwa den Einbau neuer Fenster. Die Zahlung wurde nicht mehr geleistet. Der Handwerksbetrieb muss seine Forderung als einfache Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden und nimmt an der Insolvenzquote teil.
Praxisbeispiel Insolvenzforderung
3. Sicherheiten im Insolvenzverfahren nutzen – Ihre Rechte als Gläubiger

3.1. Zweck und Bedeutung einer Sicherheit im Insolvenzverfahren
Sicherheiten sind ein wesentlicher Bestandteil der Absicherung von Forderungen. Sie bieten Ihnen als Gläubiger einen besonderen Schutz, indem sie im Insolvenzfall einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung bieten. Wenn Sie als Gläubiger über Sicherheiten wie einen Eigentumsvorbehalt, Vermieterpfandrecht, sonstige Pfandrechte, Bürgschaften oder weitere vertraglich vereinbarte oder gesetzlich geregelte Sicherheiten verfügen, ist es entscheidend, diese Rechte auch im Insolvenzverfahren wirksam im Rahmen der Gläubigervertretung durchzusetzen.
3.2. Diese Sicherheiten spielen in der Praxis die größte Rolle
Zu den gängigen Sicherheiten zählen:
- Eigentumsvorbehalt: Sicherung des Verkäuferinteresses bis zur vollständigen Bezahlung,
- Vermieterpfandrecht: gesetzliches Pfandrecht zur Absicherung von Mietforderungen,
- Werkunternehmerpfandrecht: gesetzliches Pfandrecht zur Absicherung der Werklohnforderung,
- Sicherungsübereignung: Sicherungshalber übertragene Vermögenswerte oder Sachgesamtheiten,
- Forderungsabtretung: Sicherungshalber abgetretene Einzelforderung oder Globalzession,
- Bürgschaft und sonstige Sicherheiten: Bürgschaften, Garantien, Schuldbeitritte die Ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren stärken.
3.3. Typische Sicherheiten und deren Geltendmachung:
Eigentumsvorbehalt, Vermieterpfandrecht & Co.
3.3.1. Absonderungsrechte (z. B. Sicherungsübereignung, Vermieterpfandrecht)
Gläubiger mit Sicherungsrechten (z. B. Sicherungsübereignung an Maschinen, Vermieterpfandrecht an Mietgegenständen) haben das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus bestimmten Vermögensgegenständen.
Geltendmachung:
- Der Gläubiger meldet sein Recht auf abgesonderte Befriedigung gegenüber dem Insolvenzverwalter an.
- Er muss sein Sicherungsrecht belegen (z. B. durch Vorlage des Vertrags).
- Der Verwalter verwertet den Gegenstand und zahlt den Erlös – nach Abzug der Kosten – an den Gläubiger aus.
Der Gläubiger erhält also eine bevorrechtigte Zahlung aus dem Erlös und wird nicht auf die Quote verwiesen. Nur wenn der ausgekehrte Erlös dir Forderung nicht vollständig abdeckt, nimmt diese als einfache Insolvenzforderung an der quotalen Ausschüttung teil.
3.3.2. Aussonderungsrechte (z. B. Eigentumsvorbehalt)
Hat der Gläubiger ein Aussonderungsrecht (z. B. aufgrund eines Eigentumsvorbehalts), steht ihm das Eigentum an einer Sache zu, die sich beim Schuldner befindet.
Geltendmachung:
- Der Gläubiger verlangt die Herausgabe der Sache direkt vom Insolvenzverwalter (§ 47 InsO).
- Der Verwalter prüft das Recht und muss die Sache herausgeben, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Aussonderungsberechtigte Gläubiger nehmen nicht an der Insolvenzquote teil, weil der Gegenstand ihres Anspruchs (z.B. Herausgabe einer Maschine oder Ware) nicht Gegenstand der Insolvenzmasse ist.
3.4. Teilnahme am Lieferantenpool - Vor- und Nachteile
Konstituiert sich ein sog. Lieferantenpool, stellt sich für jeden teilnahmeberechtigten Gläubiger die Frage der Teilnahme. Durch den Lieferantenpool werden Beweisschwierigkeiten überwunden, die daraus entstehen können, dass der einzelne Lieferant nicht mehr nachweisen kann, wann und wie seine gelieferten Teile in welches Produkt des insolventen Unternehmens weiterverarbeitet und schließlich veräußert wurde. Die Geltendmachung von verlängertem und erweitertem Eigentumsvorbehalt kann ohne einen Lieferantenpool, der die Rechte aller Lieferanten gebündelt gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend macht, schwierig sein.
Es ist aber abzuwägen: Die Teilnahme am Lieferantenpool erzeugt erhebliche Kosten. Sofern die Möglichkeit besteht, die Rechte auch ohne den Lieferantenpool zu verfolgen, kann sich das im Einzelfall als vorteilhaft erweisen. Ich stehe Ihnen für eine konkrete Prüfung zur Verfügung.
Hier geht es zurück zum Inhaltsverzeichnis der Gläubigervertretung.
Ein Vermieter hat ein Vermieterpfandrecht an den eingebrachten Sachen seines insolventen Mieters, etwa an Waren, Maschinen oder Möbeln. Wird das Mietobjekt im Insolvenzverfahren weiter genutzt oder geräumt, kann der Vermieter die Verwertung der gepfändeten Gegenstände verlangen und wird aus dem Erlös bevorzugt befriedigt – nach Abzug der Verwertungskosten.
Praxisbeispiel Vermieterpfandrecht
Ein Lieferant verkauft Waren unter Eigentumsvorbehalt an den Schuldner. Im Insolvenzverfahren fordert der Lieferant die Herausgabe der noch nicht bezahlten, aber gelieferten Waren. Aufgrund seines Aussonderungsrechts nach § 47 InsO muss der Insolvenzverwalter die Waren an ihn herausgeben.
Praxisbeispiel Aussonderungsrecht
4. Fazit
Gleich, ob es um den Rang Ihrer Forderung, die Geltendmachung oder Ihre Sicherheiten im Insolvenzverfahren geht, die Einschaltung von Startpunkt Recht sichert Ihnen im komplexen Geflecht des Insolvenzrechts die beste Befriedigung Ihrer Forderungen.
Sie möchten wissen, wie Sie Ihre Forderungen im Insolvenzverfahren geltend machen können?
Ich stehe Ihnen als erfahrener Ansprechpartner zur Seite – von der ersten Einschätzung bis zur professionellen Gläubigervertretung im Verfahren.